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Die Europäische Kommission hat den dritten jährlichen Bericht über die Lage der Rechtsstaatlichkeit 2022 veröffentlicht. Darin wird ein Überblick über die Entwicklungen in der EU gegeben, sowie in den 27 Länderkapiteln die Situation in den einzelnen Mitgliedsländern analysiert und spezifische Empfehlungen gegeben.

Behandelt werden besonders die vier Bereiche Justizsystem, Rahmen für die Korruptionsbekämpfung, Medienfreiheit und Gewaltenteilung. Die IGO hat in den Bericht ihre Expertise zur Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit sowie der Qualität und Inklusivität der Gesetzgebungsverfahren in Österreich eingebracht.

Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Gesetzgebung

Bürger:innen sowie Stakeholder werden über das „parlamentarische Konsultationsverfahren“ zu allen Gesetzentwürfen konsultiert, die im Parlament erörtert werden und die Antworten sind der Öffentlichkeit zugänglich. Bei vorparlamentarischen Konsultationsprozessen gibt es nach wie vor Herausforderungen. Konsultationszeiträume sind in der Praxis oft zu kurz und die Einbeziehung der Interessenträger ist zum Teil rein formalistisch.

Die Arbeiten zur Entwicklung eines strategischen Ansatzes für die Partizipation der Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter durch das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport werden fortgesetzt, wobei ein Handbuch im dritten Quartal 2022 veröffentlicht werden soll.

Der spezifische Unterstützungsfonds für gemeinnützige Organisationen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, der unter starker Beteiligung der Interessenträger eingerichtet worden war, wurde mehrmals verlängert, zuletzt bis zum ersten Quartal 2022. Bis März 2022 wurden über 700 Mio. EUR durch rund 47 000 Auszahlungen verteilt.

Darüber hinaus berichtet die Zivilgesellschaft über positive Initiativen der Regierung zur Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Politikgestaltung, auch wenn dies nicht in allen Politikbereichen einheitlich ist. Auf Basis einer Verpflichtung im Koalitionsvertrag hat die Regierung im Frühjahr 2022 eine beratende Arbeitsgruppe zu Spenden für Organisationen der Zivilgesellschaft reaktiviert, die seit 2017 nicht mehr zusammengetreten war. Die Interessenträger sind insbesondere der Ansicht, dass die Steuerbefreiung auf zivilgesellschaftliche Organisationen in den Bereichen Menschenrechte, bürgerliche und politische Rechte, Demokratie, Transparenz und Erwachsenenbildung ausgeweitet werden sollte.

 

Weiterführende Informationen:

Bericht der Europäischen Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2022 (deutsch)

Länderkapitel zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Österreich (deutsch)

Presseinformationen zum Rule of Law Report 2022 (englisch)

Hintergründe und Methode (englisch)

 

Das globale Netzwerk CIVICUS stellt Österreich für seinen Umgang mit den Grund- und Freiheitsrechten und der Zivilgesellschaft wieder ein gutes Zeugnis aus.

Vor zwei Jahren bewertete die internationale Nicht-Regierungsorganisation CIVICUS die Handlungsspielräume für die Zivilgesellschaft in Österreich nur noch als „eingeengt“. Seit heute gilt Österreich wegen Verbesserungen in den letzten Monaten wieder als “offen”. Nur drei Prozent der Weltbevölkerung leben in Ländern mit vergleichbar guten Bedingungen.

CIVICUS, ein globales Netzwerk von mehr als 4000 Mitgliedern aus über 175 Ländern, dokumentiert mit seinem CIVICUS Monitor weltweit die Gefahren für die Entwicklung der Zivilgesellschaft. Je nach erreichter Punktezahl auf einem Index von 0 – 100 gilt ein Land als offen, eingeengt, beschränkt, unterdrückt oder geschlossen. Österreich ist jetzt wieder “offen” und befindet sich damit in Gesellschaft von Deutschland, der Schweiz, den Benelux-Staaten und Skandinavien. Nur drei Prozent der Weltbevölkerung leben in Ländern mit vergleichbaren Bedingungen, wo ihre Bürgerinnen und Bürger Vereine gründen, an öffentlichen Orten friedlich demonstrieren und frei ihre Meinung äußern können.

CIVICUS verweist in seiner heutigen Aussendung auf den positiven Wandel, den die Wahlen 2019 gebracht haben und als deren Ergebnis in der Koalition mit der ÖVP die FPÖ durch die Grünen ersetzt wurde. Diese seien offener für einen Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, welche sich dadurch wieder mehr Gehör verschaffen können. Viele ihrer Forderungen würden mittlerweile im Regierungsprogramm berücksichtigt. Auch der wegen der COVID-19 Pandemie beschlossene 700 Millionen Euro Unterstützungsfonds für Nonprofit Organisationen (NPOs) wird von CIVICUS als Beleg für eine positive Entwicklung in Österreich angeführt.

„Die Einbindung der Zivilgesellschaft in verschiedene Konsultationsprozesse, auch während der COVID-19 Pandemie, durch die österreichische Regierung ist vorbildlich. Diesem Beispiel sollten andere Staaten in der Region folgen” stellt Aarti Narsee, bei CIVICUS für Europa zuständig, Österreich mittlerweile ein gutes Zeugnis aus. In einem Atemzug appelliert sie aber auch aus aktuellem Anlass an die ÖVP dringend von ihrer Anti-Migrations-Rhetorik Abstand zu nehmen.

Franz Neunteufl, Geschäftsführer der IGO – Interessenvertretung Gemeinnütziger Organisationen und Sprecher des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT bestätigt: „Die Beteiligung unserer Kolleginnen und Kollegen an der Ausarbeitung der Hilfsmaßnahmen zur Überwindung der Coronakrise ist tatsächlich ein gutes Beispiel für weitere Vorhaben im Regierungsprogramm zur Förderung der Gemeinnützigkeit und des freiwilligen Engagements.“

Noch im Frühjahr 2019 kam die IGO in ihrem Civil Society Index – Update 2019 zu einem ganz anderen Ergebnis. Damals war noch von Tendenzen, das kritische Potenzial der Zivilgesellschaft sowie ihre Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen einzuschränken die Rede. Neunteufl heute dazu: „Auch wenn wir nicht mit allem einverstanden sind, was die Regierung tut oder nicht tut, ist es wichtig und Zeichen einer gesunden demokratischen Verfassung, wenn die Regierung den Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft sucht und sie dort, wo sie davon betroffen ist, auch in Entscheidungen mit einbezieht.“

Im Zuge der Erstellung des CIVIL SOCIETY INDEX – UPDATE 2019 hat die IGO das Linzer Market Institut beauftragt, eine repräsentative Umfrage zu wiederholen, die 2014 das erste Mal durchgeführt wurde. Wir wollten wissen, wie die Österreicherinnen und Österreicher fünf Jahre später über gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen denken. Unsere Vermutung, dass sich die Ergebnisse deutlich von denen aus 2014 unterscheiden würden, hat sich nur zum Teil bestätigt.

Gefragt wurde wieder nach

  • dem persönlichen Wissenstand über gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen,
  • spontanen Assoziationen,
  • dem Stellenwert für unsere Gesellschaft,
  • wichtigen Wirkungsbereichen,
  • der persönlichen Wahrnehmung,
  • der vermuteten Entwicklung der Bedeutung, sowie
  • möglichen zukünftigen Unterstützungen von gemeinnützigen bzw. Nonprofit-Organisationen.
B1705_IGO NPO 2019_Grafiken

Insgesamt hat der Wissenstand über gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen nach eigener Einschätzung in den letzten fünf Jahren abgenommen: sagten 2014 noch 69 Prozent der Befragten, dass sie gut oder sehr gut über diese Organisationen Bescheid wüssten, sind es 2019 nur noch 59 Prozent. Besonders deutlich ist die Veränderung bei Personen, die nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen und bei Menschen, die auf dem Land wohnen (von 69 bzw. 73 Prozent auf 49 Prozent).

Spontan denken die Österreicher_innen unverändert bei gemeinnützigen bzw. Nonprofit-Organisationen zunächst an Begriffe wie Helfen, Hilfe leisten, usw. Anders als noch 2014 denken sie dabei aber neuerdings auch an die fehlende Gewinnorientierung, gefolgt von Freiwilligkeit, Ehrenamt und konkreten Organisationen wie Caritas, Rotes Kreuz und die Freiwillige Feuerwehr. Was es 2014 auch nicht gab, wenn auch mit 3 Prozent der Nennungen noch nicht signifikant: negative Zuschreibungen wie Schnorrer, weltfremd, unklare Finanzverhältnisse, unbedeutend.

Gefragt nach dem Stellenwert für unsere Gesellschaft, gestehen nach wie vor 8 von 10 Österreicher_innen diesen Organisationen einen hohen (24 Prozent) oder sehr hohen Stellenwert (57 Prozent) zu (2014: 25 bzw. 63 Prozent). Einen sehr hohen Stellenwert räumen gemeinnützigen bzw. Nonprofit-Organisationen insbesondere Frauen (61 Prozent), Menschen über 50 Jahren und solche mit Matura oder einem Universitätsabschluss (61 bzw. 65 Prozent) sowie Personen ein, die von sich sagen, dass sie sehr gut über diese Organisationen Bescheid wissen (71 Prozent). Auffallend ist der starke Rückgang bei jüngeren Menschen (bis 29 Jahren): in dieser Altersgruppe schätzen nur noch gut zwei Drittel (68 Prozent) den Stellenwert hoch oder sehr hoch ein (2014: 92 Prozent).

Wenig verändert hat sich bei den Wirkungsbereichen, in denen gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen als besonders wichtig gesehen werden: wie schon 2014 werden hier an erster Stelle Gesundheit und soziale Dienste sowie Familie, Kinder und Jugend genannt. 2019 hat allerdings der Bereich Menschenrechte und Integration den Bereich Umwelt und Tiere vom dritten Platz verdrängt.

Fast gleich viele Personen wie 2014 stimmen auch 2019 der Aussage zu, dass gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen einen entscheidenden Beitrag für unsere Gesellschaft leisten (90 Prozent). Auch zu anderen als positiv wahrgenommenen Leistungen ist die Zustimmung unverändert hoch. Der Aussage: „sind heute wichtiger als je zuvor“ stimmen 76 Prozent der Befragten zu (2014 nicht abgefragt). Fast jede_r zweite konstatiert aber auch, dass sie „generell in letzter Zeit an Ansehen verloren“ haben (45 Prozent) und 20 Prozent meinen sogar, sie „dienen nur dazu sich am Leid anderer zu bereichern“ (beides 2014 nicht abgefragt).

Zurück gegangen ist der Anteil der Personen, die glauben, dass gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen in den nächsten Jahren deutlich an Bedeutung gewinnen werden (45 gegenüber 54 Prozent). Nur Personen, die von sich sagen, dass sie sehr gut über diese Organisationen Bescheid wissen, sind heute mehr als vor 5 Jahren davon überzeugt, dass dies der Fall sein wird (75 gegenüber 58 Prozent).

Die Zustimmung zu verschiedenen Formen der staatlichen Unterstützung für gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen ist in der österreichischen Bevölkerung nahezu unverändert hoch: 87 Prozent sprechen sich für eine stärkere steuerliche Begünstigung aus. 83 Prozent befürworten mehr direkte Förderungen. Ebenso viele wollen aber auch, dass diese Organisationen genauer kontrolliert werden (85 Prozent).
Und jede_r zweite befürwortet, dass gemeinnützige bzw. Nonprofit-Organisationen stärker bei politischen Entscheidungen mit eingebunden werden. 18 Prozent stimmen dem allerdings „überhaupt nicht“ zu (2014 nicht abgefragt).

 

 

Fünf Jahre nach der Veröffentlichung der Studie „Civil Society Index – Rapid Assessment“ hat die IGO gemeinsam mit a.o. Univ. Prof. Dr.in Ruth Simsa vom Institut für Soziologie der Wirtschaftsuniversität Wien empirisch erhoben, wie sich Klima und Rahmenbedingungen für die Zivilgesellschaft in Österreich seither verändert haben. Im Fokus der Erhebung standen das allgemeine politische Klima in Bezug auf die Zivilgesellschaft, Demokratie und Partizipation, Grundrechte und Finanzierung. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Situation der Zivilgesellschaft seit 2014 deutlich verändert hat:

Allgemeines Klima:

In Bezug auf das allgemeine Klima lässt sich eine deutliche Polarisierung des Diskurses feststellen, Versuche der gezielten Einschüchterung, sowie eine zunehmende Delegitimierung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in Medien und von Seiten der Politik. Delegitimierung zivilgesellschaftlichen Handelns erfolgt durch Unterstellung von Profitinteressen, Abwertung der Arbeit, auch die Zunahme einer allgemein negativen, ausgrenzenden Rhetorik.

Die Überzeugung in der Bevölkerung, dass Nonprofit-Organisationen (NPOs) einen entscheidenden Beitrag für die Gesellschaft leisten, ist unverändert hoch. Fast jede/r zweite stimmt aber auch der Aussage zu, dass sie in letzter Zeit an Ansehen verloren haben und jede/r fünfte meint, dass sie sich selbst am Leid anderer bereichern.

Demokratie und Partizipation:

In Bezug auf Demokratie und Partizipation zeigt sich, dass CSOs deutlich weniger in Gesetzgebungsverfahren einbezogen werden. Begutachtungsfristen werden verkürzt, Initiativanträge verhindern Stellungnahmen, etc. Die Politik ist intransparenter geworden und sie kommuniziert kaum noch mit AkteurInnen der Zivilgesellschaft.

Grundrechte:

Grundrechte sind in Österreich im internationalen Vergleich gut ausgeprägt. Allerdings wurde die Versammlungsfreiheit in den letzten Jahren eingeschränkt, vor allem durch die Ausweitung der Anzeigefrist für Versammlungen, die Einrichtung von so genannten Schutzbereichen. Indirekte Auswirkung auf die Ausübung von Grundrechten haben zunehmende Bürokratisierung und mangelnde Rechtssicherheit in der Praxis.

Finanzielle Ressourcen:

Betrachtet man die Gesamtausgaben, mit denen die öffentliche Hand – zumeist über Leistungsverträge – bestimmte CSOs (mit)finanziert, dann hat sich nicht viel verändert. Eine detaillierte Betrachtung zeigt allerdings, dass es Veränderungen der Finanzierung gibt, die offensichtlich kritische und an Diversität orientierte CSOs betreffen. Vor allem in den Bereichen Migration, Kunst, Frauen-, Arbeitsmarkt- und Entwicklungspolitik haben diese CSOs zum Teil existenzbedrohende Einschränkungen der öffentlichen Finanzierung erfahren.

Bei der Transparenz der Mittelvergabe und im Vergaberecht kam es zuletzt zu einigen Verbesserungen, es bestehen aber noch Mängel bzw. Unsicherheiten bei der praktischen Anwendung. Verbesserungen gab es auch beim gemeinnützigen Stiftungsrecht, das Steuerrecht wurde dadurch aber noch einmal deutlich komplexer. Vorschläge von Beamten im Finanzministerium, CSO-VertreterInnen und Steuerexperten zu dessen Vereinfachung, Entbürokratisierung und Schaffung größerer Rechtssicherheit wurden von der neuen Regierung bisher nicht aufgegriffen.

Schlussfolgerungen:

Die Veränderungen ergeben in ihrer Gesamtheit ein klares Muster: Sie entsprechen den aus der Literatur bekannten Prozessen der Entwicklung autoritärer Regierungen. Österreich ist zwar eine grundsätzlich liberale Demokratie mit gut ausgeprägten Grundrechten, es gibt aber klar beobachtbare Tendenzen, das kritische Potenzial der Zivilgesellschaft sowie ihre Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen einzuschränken.

Politisch motivierte Finanzierungsentscheidungen hat es immer gegeben, ebenso unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf erwünschte Partizipation sowie inhaltliche Konflikte zwischen Politik und Zivilgesellschaft. Die Politik des systematischen Zurückdrängens von Widerspruch, Protest und Vielfalt durch unterschiedlichste, ineinandergreifende Maßnahmen, widerspricht allerdings der österreichischen Tradition. Sie ist Ausdruck einer zunehmend autoritären, rechtspopulistischen Politik.

Die Demokratie in Österreich ist zwar nicht in einer Krise, sie funktioniert grundsätzlich gut, ist aber in ihrer Qualität bedroht. Es gilt, sie zu schützen. Einen wichtigen Beitrag dafür leistet die Zivilgesellschaft mit ihren vielfältigen Funktionen, von Hilfe bis Kritik. Dafür braucht es auch die Bewahrung geeigneter Rahmenbedingungen.

Civil Society Index 2019

In unserem Shop können Sie den Bericht zum Preis von 25 € (Broschüre) bzw. 10 € (PDF) erwerben.

Das globale Netzwerk CIVICUS stellt Österreich für seinen Umgang mit den Grund- und Freiheitsrechten und der Zivilgesellschaft ein schlechtes Zeugnis aus.

CIVICUS, ein globales Netzwerk mit mehr als 4000 Mitgliedern in über 175 Ländern, dokumentiert mit seinem CIVICUS Monitor auf der Grundlage umfangreicher, weitgehend selbst erhobener Daten weltweit die Gefahren für die Entwicklung der Zivilgesellschaft. Die laufend aktualisierten Analysen fließen in Indexwerten für jedes Land zusammen, die CIVICUS in fünf Gruppen unterteilt: offen, eingeengt, beschränkt, unterdrückt, geschlossen. Österreich wurde jetzt von “offen” auf “eingeengt” herabgestuft und findet sich damit in einer Gruppe mit Bulgarien, Polen, Rumänien und vielen anderen ost- und südosteuropäischen Ländern wieder.

CIVICUS begründet die Entscheidung mit Beschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte und Angriffen auf die Presse- und Meinungsfreiheit durch die Regierung. Konkret verweist CIVICUS auf die Verlängerung der Frist zur Anmeldung von Versammlungen von 24 auf 48 Stunden – ein Umstand, den auch die österreichischen Rechtsanwälte kürzlich kritisiert haben. Auch die Tatsache, dass sich die neue Regierung einem strukturierten Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft verweigert und Bundeskanzler Sebastian Kurz stattdessen wiederholt abfällige Bemerkungen über Nichtregierungsorganisationen macht, hat sich bis nach Johannesburg, wo CIVICUS seine Zentrale hat, herumgesprochen.

Franz Neunteufl von der IGO, der Interessenvertretung Gemeinnütziger Organisationen, kann die Entscheidung von CIVICUS nachvollziehen: “Unsere Kolleg_innen berichten übereinstimmend davon, dass sich das Gesprächsklima mit der Regierung deutlich verschlechtert hat: Schreiben und Terminanfragen bleiben unbeantwortet oder haben, wenn sie beantwortet werden, keinerlei Konsequenzen”. Auch von Einschüchterungsversuchen am Telefon wird berichtet, so Neunteufl weiter, in einem Ausmaß, wie es das früher nicht gegeben hat: “Viele gemeinnützige Vereine und soziale Unternehmen können ihre wichtigen Leistungen nicht ohne Förderungen und Aufträge der öffentlichen Hand erfüllen. Deshalb wagen sie es jetzt noch weniger als früher, ihre Kritik öffentlich zu äußern.” Dass es, seit die neue Regierung im Amt ist, bei vielen gemeinnützigen Vereinen und sozialen Dienstleistern zu drastischen Kürzungen kam, beweist, dass ihre Sorge nicht unbegründet ist.

Gemeinsam mit CIVICUS und dem Kompetenzzentrum für Nonprofit-Organisationen an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien hat die IGO 2014 erstmals in ihrem “Zivilgesellschaftsindex” die Rahmenbedingungen für die österreichische Zivilgesellschaft wissenschaftlich untersucht. Die Autor_innen kamen damals noch zu einem anderen Ergebnis. Univ. Prof.in Dr.in Ruth Simsa von der WU, die an dem Bericht mitgearbeitet hat: “Vor fünf Jahren gab es aus der Sicht der Befragten die eine oder andere Wolke am Himmel, aber heute sprechen sie von einer dichten Wolkendecke und Schlechtwetter.” Um dieses unter den zivilgesellschaftlichen Organisationen weit verbreitete Unbehagen mit Fakten zu belegen, arbeitet die IGO aktuell gemeinsam mit Ruth Simsa und ihren Mitarbeiter_innen und Student_innen an einer Neuauflage des Berichts, der im Frühjahr 2019 erscheinen wird.

Das Kompetenzzentrum für Nonprofit Organisationen und Social Entrepreneurship der Wirtschaftsuniversität Wien in Kooperation mit der ERSTE Stiftung befragen online die aktuellen Rahmenbedingungen und Entwicklungen der Zivilgesellschaft in Zentral- und Osteuropa. Die Ergebnisse der Erhebung aus 16 Ländern und mindestens 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus jedem Land sowie aus verschiedensten Tätigkeitsfeldern werden auch in den Zivilgesellschaftsindex 2019 der IGO einfließen.

Hier geht es zum Fragebogen. Bis zum 30. Oktober 2018 gibt es noch die Möglichkeit seine Erfahrungen als VertreterIn der eigenen Organisation in die Studie einzubringen.

Anschließend an den erfolgreichen Stakeholder Workshop im Juni 2018 setzt die IGO gemeinsam mit dem NPO & SE Kompetenzzentrum die Arbeit am Civil Society Index 2019 kontinuierlich fort. Dank den dort erarbeiteten Ergebnissen von 18 verschiedenen CSOs und Partnern liegen die inhaltlichen Schwerpunkte bei Demokratie, Rechtliche Situation, Finanzielle Ressourcen, Allgemeines Klima – vor allem Vertrauen, Medien und öffentlicher Diskurs – sowie deren Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen für die Zivilgesellschaft Österreichs.

In über 40 persönlichen Tiefeninterviews mit Vertreter/innen von NPOs und Zivilgesellschafts-Expert/innen werden wertvolle Informationen zu den wesentlichsten Änderungen für zivilgesellschaftliches Engagement seit 2014 gesammelt. Knapp die Hälfte dieser Interviews wurde bereits durchgeführt. Die nächsten Arbeitsschritte sind die strukturierte Datenauswertung sowie der inhaltliche Vergleich mit dem Civil Society Index 2014. Eine gleichzeitige Analyse der österreichischen Medien in Bezug auf Veränderungen in der Darstellung der Zivilgesellschaft der letzten 5 Jahre ergänzt den breiten Datenkorpus.

Eine thematische Erweiterung macht das Update besonders interessant: die erstmalige Auseinandersetzung mit dem Status der politischen Partizipation in Österreich. In diesem Rahmen wird die Darstellung der rechtlichen Regelung und der Handhabung in der Praxis ein spannendes Arbeitsfeld füllen, auch wenn der Vergleich zu 2014 wegfällt.

Fünf Jahre nach der ersten Zusammenarbeit zu dem Thema stellten die IGO und das  NPO & SE Kompetenzzentrum die Frage: „Wie haben sich das Klima und die Rahmenbedingungen für die Zivilgesellschaft in Österreich seither verändert?“

Vertreter/innen von 18 verschiedenen gemeinnützigen Organisationen und Partnern haben an dem Stakeholder Workshop am 5. Juni im Impact Hub Vienna teilgenommen. Nach einer kurzen Präsentation des Civil Society Index – Rapid Assessment von 2014 wurde in mehreren Kleingruppen den Fragen nachgegangen:

  • Was hat sich in den letzten fünf Jahren verändert?
  • Welche (alten und neuen) Themen sind für die Neuauflage relevant?
  • Was sind mögliche Indikatoren, die erhoben werden sollen?

In einem nächsten Schritt werden die Inputs sortiert und in ein Projektkonzept verarbeitet, sowie die weitere Vorgehensweise und der Zeitplan festgelegt.

Die nächste Stakeholder Veranstaltung wird im Herbst stattfinden. Interessent/innen an einer Mitarbeit bei dem Projekt sind eingeladen, sich an die IGO oder an das NPO Kompetenzzentrum zu wenden.

Zivilgesellschaftliche Organisationen tragen Unverzichtbares zu einer nachhaltigeren und solidarischeren Gesellschaft in Österreich und weltweit bei. Einerseits leisten sie unmittelbar Hilfe und verbessern so das Leben von Menschen in schwierigen Lebenssituationen, andererseits kämpfen sie für Umweltschutz, Demokratie, Menschenrechte und internationale Solidarität – um nur einige Handlungsfelder zu nennen.

Die Interessenvertretung Gemeinnütziger Organisationen (IGO) und das NPO & SE Kompetenzzentrum haben 2014 mit dem Civil Society Index – Rapid Assessment (CSI-RA) in einer Kooperation mit dem internationalen NPO-Dachverband CIVICUS untersucht, wie es um das Klima und die Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen in Österreich bestellt ist. Förderliche wie auch hemmende Faktoren wurden aus der Sicht von ExpertInnen sowie AkteurInnen mithilfe des international erprobten Istruments CSI-RA erhoben. 2019 – fünf Jahre später –  soll in einem Update erhoben werden, was sich seitdem verändert hat.

Zielsetzung

  • Erfassung der wesentlichsten Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement in Österreich im Jahr 2019.
  • Erhebung von wesentlichen Änderungen der Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement seit 2014 durch die Kontrastierung des erhobenen Status Quo mit den Ergebnissen des Civil Society Index 2014.
  • Entwicklung von gemeinsamen Strategien zur Verbesserung der Rahmenbedingungen mit Stakeholdern.
  • Gemeinsame Umsetzung der erarbeiteten Strategien.

Verantwortlichkeiten im Projekt

In einem Beratungs- und Untersützungsgremium, dessen Zusammensetzung möglichst repräsentativ für die österreichische Zivilgesellschaft sein soll, werden die Schwerpunkte und Fragestellungen festgelegt und der Projektfortschritt begleitet. Die IGO übernimmt dafür die Koordination, das NPO & SE Kompetenzzentrum die wissenschaftliche Arbeit.

Beratungs- und Unterstützungsgremium

Das Beratungs- und Unterstützungsgremium soll in drei Stufen konsultiert werden.

  • Zur Festlegung des Erkenntnisinteresses, damit das Projekt die brennendsten Themen für zivilgesellschaftliche Organisationen behandelt.
  • Für Feedback zu den erhobenen Daten und Zwischenergebnissen. Das Gremium soll an der Analyse der Daten teilhaben.
  • Zur Sichtung, Überprüfung und Freigabe der Ergebnisse und die Empfehlungen von Maßnahmen.

 Zeitplan

Das Projekt ist in vier Phasen gegliedert:

  1. Projektinitiation: In dieser Phase befinden wir uns aktuell. Hier werden die Partner identifiziert,die Finanzierung gesichert und ein erster Arbeitsplan und Budget entworfen.
  2. Projektanpassung: In dieser Phase werden das konkrete Forschungsinteresse, die Ziele, die Methoden und Indikatoren bestimmt. Der konkrete Projektplan und das Budget werden in dieser Phase beschlossen.
  3. Projektumsetzung: – Durchführung der vereinbarten Forschungstätigkeit, Analyse der Daten, Erarbeitung des Berichts, Sichtung und Überprüfung der Ergebnisse und Empfehlungen durch die Stakeholder.
  4. Action Phase: Veröffentlichung der Ergebnisse/des Berichts; Breiter Dialog über mögliche Aktivitäten, um die Projektempfehlungen umzusetzen; Erarbeitung und Kommunikation eines politischen Maßnahmenkatalogs;

Erste Schritte

2014 wurden folgende Themenfelder beleuchtet:

Bei einem ersten Workshop Anfang Juni 2018 soll mit wesentlichen Stakeholdern gemeinsam diskutiert werden, ob all diese Themen für das Update des Civil Society Index relevant sind.  Außerdem ob noch nicht beleuchtete Themen (z.B.: Partizipation) fehlen, und aufgenommen werden sollen. (Eine Kontrastierung/vergleichende Analyse wird bei diesen nicht möglich sein.)

Außerdem sollen die 2013 und 2014 im CSI-Projekt gewonnenen Erkenntnisse („lessons learned“) zum Arbeitsprozess gesammelt werden, und  in die Planung des für 2019 geplanten Projekts aufgenommen werden.

Was passiert mit den Ergebnissen?

Mit dem CSI-RA schaffen wir eine Grundlage für Verhandlungen mit Politik und Wirtschaft, um Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Organisationen in Österreich zu verbessern und ihre Arbeit zu erleichtern. Sowohl die Organisationen selbst, als auch die IGO dienen als Multiplikator.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an

DI Franz Neunteufl: franz.neunteufl@gemeinnuetzig.at

a.o. Univ. Prof. Dr.in Ruth Simsa: Ruth.Simsa@wu.ac.at