Am 13. Februar 2015 luden das NPO & SE Kompetenzzentrum der WU, die IGO und der FVA zur Studienpräsentation von MMag. Dr. Sabine Heidenbauer über „ausgewählte Kernthemen des Gemeinnützigkeitsrechts im Rechtsvergleich (Deutschland, Schweden, Schweiz)“ in den Festsaal der Wirtschaftsuniversität ein. Dem Ländervergleich lag die Überlegung zugrunde, dass die ausgewählten Staaten – nicht zuletzt aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Österreich – Vorbildcharakter für uns haben könnten, „was sich in vielen Punkten bestätigte“.
„Die steuerrechtlichen Bestimmungen sind ausschlaggebend dafür, dass Österreich im Stiftungssektor immer noch Entwicklungsland ist“, meinte Michael Meyer bei seiner Einführung ins Thema. Er ließ keinen Zweifel über die Notwendigkeit in naher Zukunft ein gemeinnützigkeitsfreundlicheres Regime für Österreich zu schaffen. Welche internationalen Vorbilder es möglicherweise dafür gibt, zeigte Dr. Heidenbauer anhand von vier unterschiedlichen Kernthemen auf: Unmittelbarkeitsgebot, Ausschließlichkeitsgebot, Gemeinnützigkeitsbescheid & Aufsichtsbehörde sowie KESt-Befreiung.
Das Unmittelbarkeitsgebot sieht in Österreich vor, dass lediglich jene Körperschaften (Vereine, Stiftungen, GesmbHs) von Steuervorteilen profitieren, die direkt und unmittelbar einen gemeinnützigen Zweck erfüllen. Die Förderung gemeinnütziger Zwecken ist nicht begünstigt. So ist beispielsweise die Ausschüttung von Geldern an gemeinnützige Vereine „gemeinnützigkeitsschädlich“, d.h. die Körperschaft verliert dadurch ihren Gemeinnützigkeitsstatus. In Deutschland gibt es zwar auch ein Unmittelbarkeitsgebot, jedoch findet man dort eine sehr breite Liste an Ausnahmeregelungen, die es gemeinnützigen Körperschaften ermöglicht, fördernd tätig zu werden. Schweden und die Schweiz kennen kein Unmittelbarkeitsgebot. Keines der drei untersuchten Länder hat ein ähnlich rigides System wie Österreich.
Das Ausschließlichkeitsgebot sieht in Österreich und Deutschland vor, dass es Organisationen neben der Erfüllung ihres gemeinnützigen Zwecks nicht möglich ist andere Zwecke zu verfolgen ohne ihren Gemeinnützigkeitsstatus und damit einhergehende Steuervorteile zu verlieren. In Schweden existiert kein Ausschließlichkeitsgebot. Eine gemischte Zweckverfolgung mit entsprechender bloß teilweiser Steuerbefreiung ist dort zulässig. Gemeinnützige Zwecke müssen aber „ausschließlich oder fast ausschließlich“ verfolgt werden. Auch in der Schweiz wird das Ausschließlichkeitsgebot nicht so rigide gehandhabt wie in Österreich. Zwar gab es dort Anfang der 80er Jahre eine solche Diskussion, jedoch hat man sich damals bewusst gegen eine Ausschließlichkeit entschieden.
Da es Österreich keinen im Vorhinein erteilten verbindlichen Gemeinnützigkeitsbescheidgibt, leiden Vereine unter Rechtsunsicherheit und sehen sich im schlimmsten Fall mit Nachforderungen der Finanzbehörden konfrontiert. Anders sieht die Situation in Deutschland aus. Hier gibt es seit 2013 einen verbindlichen Feststellungsbescheid, der auf Antrag von Amtswegen ergeht. Er bestätigt die Gemeinnützigkeit von Körperschaften im Vorhinein und ermöglicht damit Rechtssicherheit. Schweden verfügt wie Österreich über keinen Bescheid. In der Schweiz gibt es eine von den Steuerbehörden ausgestellte Feststellungsverfügung, die ebenfalls die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit bestätigt. Damit ist Rechtssicherheit in der Schweiz gegeben.
Gemeinnützige Organisationen unterliegen in Österreich der beschränkten Steuerpflicht und damit auch grundsätzlich der Kapitalertragsteuer (KESt). Ausgenommen sind lediglich Einkünfte aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, sofern dieser unmittelbar der Zweckerfüllung dient (unentbehrlicher Hilfsbetrieb).
In Deutschland sind dagegen auch der ideelle Bereich und die Vermögensverwaltung von der Steuerpflicht befreit. Steuerpflichtig sind nur wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe sind. Auch in Schweden sind Dividenden und Zinsen von gemeinnützigen Organisationen grundsätzlich steuerbefreit. In der Schweiz unterliegen Erträge aus dem Kapitalvermögen gemeinnütziger Organisationen zunächst einer allgemeinen Verrechnungssteuer von 35 %, diese wird aber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen rückerstattet.
Zusammenfassend wurde durch die Studie deutlich, dass die untersuchten Steuerregime wesentlich gemeinnützigkeitsfreundlicher und vielfach auch einfacher zu administrieren sind, als das österreichische Gemeinnützigkeitsrecht. In der auf die Präsentation folgenden Diskussion wurde daher auch bedauert, dass keiner der eingeladenen Beamten aus der Steuersektion des BMF der Einladung gefolgt war.