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In dem kürzlich bekannt gewordenen „Ibiza-Video“ ist auch von gemeinnützigen Vereinen die Rede. Und zwar als eine Möglichkeit, größere Geldbeträge – genannt werden Beträge bis zu 2 Millionen Euro – illegal am Rechnungshof vorbei an Parteien zu spenden. Wenn es diese Vereine gibt, dann wird dadurch nicht nur das Parteiengesetz umgangen, sondern diese Vereine sind auch nicht gemeinnützig.

Das Parteiengesetz verlangt von den Parteien, alle Spenden über 3.500 Euro unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders auszuweisen. Einzelspenden über 50.000 Euro sind dem Rechnungshof unverzüglich zu melden und dieser hat die Spenden unverzüglich auf der Website zu veröffentlichen. Außerdem müssen die Parteien über die Art ihrer Einnahmen und Ausgaben jährlich öffentlich Rechenschaft ablegen.

Beide – (Groß)spender_innen und Parteien – haben ein nahe liegendes Interesse daran, dass das nicht bzw. nicht im vollen Umfang geschieht. Deshalb wird vermutet, dass die Parteien nach Mitteln und Wegen gesucht und auch gefunden haben, das Parteiengesetz – straflos – zu umgehen. Vereine aus dem Umfeld der Parteien, leicht erkennbar an der Besetzung der jeweiligen Vorstände mit Parteigängern, könnten tatsächlich diese Aufgabe erfüllen. Wie das geht, hat der Vereinsexperte und IGO Vorteilspartner Thomas Höhne unlängst in der Tageszeitung DerStandard erklärt.

Nur: gemeinnützig sind diese Vereine nicht, auch wenn sie – leider auch von Politiker_innen in der öffentlichen Debatte – immer wieder so bezeichnet werden. Denn: Gemeinnützig sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt (§ 35 BAO). Die Verfolgung parteipolitischer Zwecke (Beeinflussung der politischen Meinungsbildung, Förderung politischer Parteien usw.) kann nicht als gemeinnützig angesehen werden (VwGH 3.10.1996, 94/16/0246).

Leider haben die wirklich gemeinnützigen Vereine wenig Handhabe, sich gegen diesen Missbrauch zu wehren. Abhilfe können hier nur die von uns seit langem geforderte bescheidmäßige (ex ante) Feststellung der Gemeinnützigkeit und strengere Prüfung dubioser Vereine durch die Finanzbehörde und – natürlich – eine Reform des Parteiengesetzes schaffen.

 

 

Am selben Tag, an dem das Gemeinnützigkeitspaket zur Begutachtung verschickt wurde, veröffentlichte der Rechnungshof einen Prüfbericht , der Handlungsbedarf bei gemeinnützigen Bauträgern und Vereinen signalisiert.

In dem mehr als 50seitigen Bericht („Gemeinnützigkeit im Steuerrecht“) geht der Rechnungshof mit dem BMF hart ins Gericht: Für die Steuerbegünstigung im Zusammenhang mit der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke liege „im BMF kein Konzept vor, das konkret formulierte Ziele und messbare Kriterien“ enthielte. Eine „systematische Beobachtung, Messung und Analyse der Wirkungen der Steuerbefreiung“ führe das BMF nicht durch. Dem BMF sei daher „die Höhe der für die öffentlichen Haushalte damit verbundenen Einnahmeausfälle“ nicht bekannt.

 

Schwerpunkte der Überprüfung waren „die gemeinnützigen Vereine und die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften sowie die Beurteilung der administrativen Abwicklung der abgabenrechtlichen Auswirkungen“.

 

Punkto gemeinnützige Vereine stellt der RH fest, dass die „erforderlichen Informationen für die Beurteilung der steuerlichen Relevanz und der Gemeinnützigkeit“ nicht in ausreichendem Umfang vorhanden sind.

Zudem stelle der Umfang (260 Seiten!) der als Auslegungsbehelf für die Besteuerung von Vereinen dienenden Vereinsrichtlinien 2001 „ein Indiz dafür dar, dass die zugrunde liegende Rechtsbasis für die Verwaltungspraxis nicht ausreichend eindeutig formuliert“ ist.

 

Der RH empfiehlt daher dem BMF u.a.:

 

  • darauf hinzuwirken, dass Gesetze (i.e.S. Bundesabgabenordnung (BAO) und Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG)) so klar und präzise wie möglich definiert werden, um deren Vollzug (insbesondere betreffend Gemeinnützigkeit und Gemeinwohl) zu erleichtern.
  • für die Steuerbegünstigungen i.Z.m. der Gemeinnützigkeit qualitative und quantitative Zielvorgaben mit messbaren Indikatoren festlegen, die Zielerreichung, die Wirkungen und die Treffsicherheit untersuchen und danach beurteilen, ob die Beibehaltung der Begünstigung noch erforderlich ist.
  • die fehlenden ZVR–Zahlen von Vereinen … so rasch wie möglich in den Grunddaten zu erfassen.
  • die Gemeinnützigkeit eines Vereins … in den Grunddaten zu kennzeichnen.
  • eine einheitliche Vorgangsweise bei den Neuaufnahmen von Vereinen festlegen, wobei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Gleichmäßigkeit der Besteuerung und Verwaltungsaufwand zu achten wäre.

 

Und schließlich:

  • für Vereine und GBV bundesweit in unregelmäßigen und angemessenen Intervallen Schwerpunktprüfungen auch im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit durchzuführen, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen und Maßnahmen der General– und Spezialprävention zu setzen.

 

Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang und wie rasch das BMF die Empfehlungen des RH aufgreift und befolgt. Eine neue, zeitgemäßere und klarere Rechtsgrundlage und mehr Rechtssicherheit für gemeinnützige Vereine (und andere gemeinnützige Rechtsträger) ist zweifellos im Sinne der betroffenen Organisationen und auch im Regierungsprogramm 2014 – 2018 enthalten.

 

Kurzfassung des RH-Berichts zum Download.

Langfassung des RH-Berichts zum Download.